Geschichte Ockstadt

Geschichte Ockstadts
 Aus Vergangenen Tagen
des Dorfes Ockstadt


 Bild vom Schloß (Rady Chronik)
 Es ist nicht bekannt, wann jener, unser Vorfahre Huocho - Hugo -, ein Fleckchen Erde am östlichen Fuße des Wintersteins sich zu seiner Heimat erwählte und so zum Gründer unserer Gemeinde Ockstadt wurde. Er hatte seine Siedlungsstelle gut gewählt inmitten fruchtbaren Bodens und sprudelnder Quellen und seine Siedlung wurde im Laufe der Jahrhunderte zu einer beachtlichen Gemeinde in der Wetterau. Anfangs ein einsamer Bauernhof, erweiterte sich dieser durch Ansiedlungen zu einem Dorf, über dem sich später "die alte Burg" schützend erhob. Nach dem Namen eben dieses Siedlers „Huccho“ wurde auch seine Siedlung benannt und so erhielt unser Ort auch seinen Namen. Er machte im Laufe der Jahrhunderte viele Wandlungen durch, bis er sich endlich auf den heutigen Namen Ockstadt fixierte. Urkundlich wurde er im Jahre 817 in dem Berühmten Codex des Klosters Lorsch als Villa Hucchenstadt - Stadt des Huccho -- genannt. Es werden noch folgende Namensformen verzeichnet: 1278 Ockestadt ; 1280 Oestat; 1280 Ochestat ; 1292 Ockstad; 1312 Ogstat; 1318 Ocxstatt; 1377 Oxstaid; 1378 Ockstat; 1390 Oxstat; 1499 Ochstatt. Die erwähnte Verzeichnung aus dem Jahre 817 in dem Codex des Klosters Lorsch berichtet von einer Schenkung eines gewissen Herbo in Hucchenstat an das Kloster Lorsch, so daß man als sicher annehmen muss, daß Ockstadt 817 bereits christlich war und von dem Kloster Lorsch seelsorglich betreut wurde. Etwa 200 Jahre mochten diese Beziehungen zu Lorsch bestanden haben. Sie haben sich sicher unter dem Einfluss der über Ockstadt herrschenden Dynastien verloren. Im 13. Jahrhundert lassen sich die Herrschaften von Dynastien über Ockstadt schon nachweisen Zuerst waren es die Grafen von Cleeberg und Mörle. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts erlosch diese Familie und Gottfried III. von Eppstein übernahm die Herrschaft der Dörfer Mörlen, Hollar und Ochesstadt. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts erscheinen die Herren von Cleen als Herren von Ockstadt. Ihren Namen führten sie von dem Dorfe Niedercleen bei Wetzlar. Um das Jahr 1490 begann Gottfried von Cleen in Ockstadt den Bau des "obersten Schlosses" oder der „neuen Burg“ die in ihren äußeren Wehranlagen (Türme und Wehrmauern) heute noch steht. Die starken Wehrtürme waren für schweres Geschütz eingerichtet, sind aber nie in Aktion getreten. Den Herren von Cleen fehlte es an Burgmannen, sie zogen daher ihre Untertanen aus dem Dorfe zur Tor- und Burgwache heran was in Ockstadt die Einführung einer Art allgemeiner Wehrpflicht notwendig machte. das Dorf selbst war durch Wassergräben und Tore gegen Angriffe geschützt Die drei Tore, Oberpforte, Unterpforte und Weidpforte, die mit der neuen Burg entstanden waren, müssen ziemlich hoch gewesen sein, da sich über dem Torbogen eine Stube befand, welche der Wache zum Aufenthalt und Ausblick diente. Die Wache war während des Dienstes mit Armbrust und Hellebarde bewaffnet. 
 
Das mittelalterliche Ockstadt mit seinen „alten“ und "neuen" Burgen und Toren mochte recht imposant gewesen sein. Außer den Ringmauern und Wehrtürmen sind Gebäude aus dieser Zeit nicht mehr erhalten. Die heutige Hintergasse, Bachgasse und Brunnengasse, in welcher der Löwengarten lag, bildeten das damalige Dorf und waren in den Wehrbereich eingeschlossen. Zwischen der „alten“ und der “neuen Burg“ lag ein großer, freier Platz, der heute noch den Namen „Plan“ führt. Bachgasse und Burg waren durch einen Wassergraben getrennt, über den eine Zugbrücke führte. 
Die Herren von Cleen entfalteten in Ockstadt eine außerordentlich rege Tätigkeit. Sie waren für den Schutz ihrer Familie und ihrer Untergebenen sehr besorgt, nach und nach verdrängten sie die Vielherrschaft in der Ockstädter Terminei, die sie sich mit auswärtigen Standesherren und Klöster noch teilen mußten. In dieser Zeit sind sehr viele Güterkäufe in Ockstadt und Hollar zu verzeichnen, die fast immer Ablösungen von Herrschaftsrechten an die Herrschaft von Cleen zur Folge hatten. Es gelang ihnen, Ockstadt zu einer bedeutenden, geschlossenen Herrschaft zu erheben. Die Sicherung ihrer Herrschaft mochte sie auch dazu bewogen haben, die „alte Burg“ aufzugeben und die „neue Burg“ viel stärker als befestigte Burg zu erbauen. Sie wollten den Sitz und den Fortbestand ihrer Familie in Ockstadt für alle Zeiten gesichert wissen. Im Jahre 1521 starb der letzte männliche Erbe aus der Familie von Cleen und als einzige Erbin verblieb Irmel von Cleen, die seit 1508 mit Hans von Franckenstein verheiratet war. Hans von Franckenstein übernahm 1522 die Herrschaft von Ockstadt und bis zum heutigen Tage ist die Familie von Franckenstein Besitzer der Burg, größerer Stückländereien und Waldungen in der Gemarkung Ockstadt. Der Beginn der von Franckenstein'schen Herrschaft fiel in die stürmisch bewegte Zeit der religiös- politischen Auseinandersetzungen. Hans von Franckenstein war kein Freund der religiösen Neuerungen und zeigte sich bald Herr der Bewegung in Ockstadt, die diese religiösen Neuerungen anstrebten. -Mit ganz besonderer Strenge wachte er über die Ockstädter Pfarrer, die Ockstadt verlassen mußten, wenn sie sich ihm nicht fügen wollten und so verblieben die Ockstädter beim katholischen Glauben. Hans von Franckenstein starb 1556 auf dem Stammschloß der Franckenstein an der Bergstraße. Ihm folgte Gottfried von Franckenstein, der jedoch nur kurze Zeit die Herrschaft in Ockstadt ausüben konnte. Er verstarb am 16. April 1567. Er ist der erste Standesherr, der in Ockstadt beerdigt wurde. Eine Kupferplatte mit sehr schönen Reliefs erhält heute noch in der Ockstädter Kirche sein Andenken. - Gott Vater und Sohn, vom HI. Geiste überstrahlt, krönen die hl. Jungfrau. Rechts kniet ein betender Ritter, links eine Edeldame mit ihrer Tochter. Darunter. steht folgende Inschrift: 

„In dem jar 1567 auf sambstags den 19. Aprilis
seines Alters 55 ist in got selichen verschieden
der edell und ehrnvest gotfridt zu Franckenstein,
deme der allmechtig got gnedig und barmherzig
sein wolle. Zu welches Gedechtnus die edele und
thugentsam Fraw margreth zu Franckenstein
geborn vom Oberstein nachgelassene Wittwe
von sonderer neigung und lieb wegen lies
 verrichten"



Die Ockstädter versuchten immer wieder, sich die religiösen Neuerungen zu eigen zu machen. Barthel von Franckenstein (1567 - 1603) begegnete diesen Bestrebungen mit strengen Verordnungen. Er erließ eine Kirchenordnung und Verordnungen: „Wie es mit den Hochzeiten, Weinkauffen undt Kindbettern gehalten werden solle", Verordnungen „über die Haltung an fest- und feyertagen; Begrebung der Verstorbenen; wie man sich wegen dem pfarrherren in noitfellen verhaltten solle". Die Durchführung seiner Verordnungen überwachte er genauestens. Er wird als gerechter, christlich frommer Mann bezeichnet, wie der deutsche Adel wenige in seinen Reihen zählte. 
Barthel war es auch, der die Grenzen seines Gebietes, besonders gegen Friedberg. zu, scharf im Auge hielt. Er bestellte Schützen, die für jeden Fang ein Viertel Wein „für ihre Gerechtigkeit“ erhielten. Die Friedberger beklagten sich oft über die herrschaftlichen Leute und wendeten ein, daß ihnen nicht einmal gestattet sei, auf Ockstädter Gebiet „einen spatz zu fahen". Als Barthel 1577 in der Ockstädter Gasse Steine setzen ließ, erschienen die Friedberger mit "bewehrter Hand, gefertigten Büchsen. und gezückten Wehren" . Ein andermal' wurde bei gleichem Anlaß in Friedberg Sturm geläutet und mehr als 100 bewaffnete Bürger rückten aus, um die Franckensteiner Leute zu vertreiben. Dieser Kleinkrieg ging ohne Blutvergießen ab. Von Franckenstein jedoch setzte sich durch. Bis in unsere Zeit werden noch zwischen Ockstadt und Friedberg Grenzverhandlungen geführt und Verträge abgeschlossen. 
Das Kriegsgeschehen des Dreißigjährigen Krieges ging an Ockstadt nicht spurlos vorüber. 1620 hatten die Ockstädter noch freudigen Herzens Fronleichnam gefeiert und ahnten nicht, daß bald darauf der unglücklichste Tag für sie kommen sollte. Holländische Truppen drangen in die paptistischen Dörfer Ockstadt, Ober- und Nieder-Mörlen ein und plünderten dieselben in grausamer Weise. Ockstadt wurde mit Steinkugeln beschossen und die meisten Häuser zerstört. Die Ockstädter bauten, auf Gottes Schutz vertrauend, ihre Häuser wieder auf. Sie lebten aber in ständiger Angst und bestellten nur die bei dem Dorf gelegenen Felder. 1623 waren Tilly'sche Reiter in Ockstadt einquartiert. Das Franckensteinsche Schloß war bis in seine' letzten Räume mit Offizieren und Soldaten besetzt. 1644 mochte Ockstadt sich wieder erholt haben und galt auswärts als ziemlich sicherer Ort, was die benachbarten Bauern veranlaßte, ihr Vieh hier unterzubringen und das wurde Ockstadt zum Verhängnis. Reiter des berüchtigten schwedischen Regiments Königsmark hatten dies ausgekundschaftet, fielen in das Dorf ein und plünderten es trotz aller Schutzbriefe. Philipp Ludwig von Franckenstein verfolgte die Plünderer bis Kirchhain, wo ihm das Vieh wieder zurückgegeben wurde. 1646 wurde Hollar fast vollständig zerstört. Seine Einwohner verließen den Trümmerhaufen und siedelten, sich meistens im nahen Ockstadt an. Über das Schicksal dieses einst so blühenden Dorfes Hollar lesen wir noch an anderer Stelle.
Der Anfang des 18. Jahrhunderts verlief in Ockstadt ruhig. Rege Bautätigkeit kennzeichnen die ersten Jahre dieser Zeit. Im Jahre 1706 wurde die alte (erste) Kirche niedergelegt und mit einem Kirchen-Neubau begonnen, der' am 10. Juni 1714 eingeweiht wurde. Diese Kirche wurde im 
Jahre 1909 bis auf den Turm niedergelegt. Die heutige Pfarrkirche ist demnach die dritte Ockstädter Kirche an dieser Stelle. 1728 wurde das Rathaus erbaut, über dessen Hauptportal das von Franckenstein'sche Wappen prangte. In diesem Rathause wurden fortan die Huldigungen der Untertanen abgehalten. Das Rathaus wurde reichlich ausgeschmückt, die Einwohner erschienen in festlichen Kleidern und glänzenden Waffen. Nach dem herkömmlichen Eide wurde der Herrschaft ein Präsent überreicht. 1759 -1761 mußte unser Ort wiederholt Truppen-Einquartierungen, unter anderen auch französische Einheiten aufnehmen. Die Einwohner mußten für Verpflegung der Soldaten sorgen und kamen oft in die allergrößte Not. Von Franckenstein schrieb damals an den französischen Kommandanten zu Vilbel: "Es ist unmöglich, mein Herr, Ihnen alles zu beschreiben, was der Ort Ockstadt, der das Unglück hat bei Friedberg zu liegen, und mein Haus trotz der Schutzwache, welche sie mir zu stellen die Gnade hatten, unter den beständigen Märschen und Rückmärschen der Truppen zu leiden hat." Der von der Herrschaft und dem Dorfe erlittene Schaden in den Jahren 1759 -1762 wurde auf "über zwey mahl hundertausend Livers" angegeben. Das Jahr 1797 wird noch einmal als übles Jahr genannt. Alle Truppen, welche unsere Gegend passierten, behandelten die Ockstädter Einwohner wie Sklaven. Sie mußten Hand- und Gespanndienste leisten. Vieles Vieh erlag den Anstrengungen, dazu kam noch eine Seuche, die fast den gesamten Viehbestand vernichtete. Die Felder blieben unbebaut, und die Ockstädter waren wegen der Mißgeschicke und Kriegsdrangsale sehr niedergeschlagen und übel gesinnt. Man befürchtete einen Aufstand, der nur durch Nachlaß des Pachtes für 1797 verhütet wurde. 
Carl Friedrich von Franckenstein heiratete 1765 die Erbin des freiadeligen Gutes in Ullstadt (Mittelfranken) Franziska Helene v. Franckenstein und vereinigte mit dieser Ehe die Besitzungen der beiden Linien von Franckenstein, die um die Mitte des 17. Jahrhunderts von deren Stammburg Franckenstein an der Bergstraße ausgingen. Mit diesem für die herrschaftliche Familie wichtigen Ereignis begannen ihre innigen Beziehungen zu Ockstadt sich zu lösen. Die Herrschaft hielt sich meistens auf Schloß Ullstadt auf, zumal das Ockstädter Schloß durch die Notzeiten sehr gelitten hatte und verfiel. 1809 wurde zwar ein neues Schloß gebaut, das jedoch so' unglücklich ausgefallen war, daß es schon nach wenigen Jahren abgebrochen werden mußte. Die Herrschaft gab ihren Ansehnlichen Besitz (903 Morgen StückIändereien ) an 38 Ockstädter Bürger unter solidarischer Haftbarkeit in Zeitpacht, wodurch diese ihre Existenz begründeten. Als Gutspächter oder Herrngutsbauern genannt besteht dieses Pächter-Consortium noch bis in unsere Tage und löst sich z. Z. auf, nachdem in den letzten Jahren die von Franckenstein'schen Grundstücke zum größten Teil an die Nassauische Siedlungsgesellschaft übergegangen sind. 
J. Grimmel

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