Aktionen 2019

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Erzählcafé „Brot – Wurscht un Flaasch“ – ein Dorf ernährt sich


Am Sonntag, den 14. April, lud der Geschichtsverein Ockstadt e.V. zu seinem diesjährigen Erzählcafé ins Jugendheim ein, um einen weiteren Teil der Ockstädter Geschichte der letzten 200 Jahre zu beleuchten.
Der 1. Vorsitzende Werner Margraf begrüßte die 70 Teilnehmer. Moderator Jürgen Kessler konnte dann, nachdem die Technik auch bereit war, in das Thema „ Metzger und Bäcker im dörflichen Leben“ einsteigen: Vor hundertfünfzig Jahren gab es zwei Metzger mit einem Ladengeschäft im Dorf und einige Metzger, die auf Bestellung zu den einzelnen Bauern gingen und dort schlachteten und Wurst herstellten.
Nach dem 1.Weltkrieg war die Lebensmittelversorgung besonders in den Städten sehr schlecht und es wurden Aufstände befürchtet. Um die Fleischversorgung besser zu verwalten, wurden Viehkataster eingeführt und die Bauern mussten über ihre Viehbestände Rechenschaft abgeben. In einer Zeitungsmeldung vom 24. Juli 1919 wird ein Aufruhr in Ockstadt gemeldet, bei dem es auch zu der Verbrennung dieses Viehkatasters kam. Bürgermeister Mörler und Katasterführer Grimmel wurden daraufhin am 19. August 1919 ins Büro des Kreislebensmittelamtes zur Besprechung einbestellt. Die Rädelsführer, einige waren den Zuhörern noch bekannt, wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Erstaunlicherweise war zu der Zeit Kalbfleisch billiger als Rindfleisch und Schweinefett, was daran lag, dass aufgrund der beengten Verhältnisse kein Platz für Kälber, besonders Bullenkälber, war. Die Bauersfrauen verkauften Milch und Butter und hätte sonst weniger Einnahmen gehabt. Auch Speck und Fett waren teuer, da nur wenig davon angeboten wurde. Das Fett wurde zur Haltbarmachung der Fleischvorräte benötigt und die Tiere hatten durch die Weidehaltung nicht so viel Fett. 
Brot, das wichtigste Lebensmittel, spielt im Dorfleben eine große Rolle und der Umgang damit ist genau geregelt. Im Jahre 1808 gab es hier zwei Gemeindebackhäuser. Aus einem vorliegenden Pachtvertrag vom 9.1.1808 geht hervor, wie ein Bäcker sich zu verhalten hat und was er fürs Backen verlangen kann. Da es bis 1863 eine Bäckerzunft gab, mussten die Brotpreise alle 14 Tage gemeldet, um dann unter der Polizeitaxe in der Zeitung veröffentlicht zu werden.
Gemäß Gemeinderatsprotokoll vom 28. Oktober 1864 ist die Gemeinde mit der Aufhebung der Polizeitaxe einverstanden. Sie weist aber darauf hin, dass damit Ortsfremde ihre Backwaren in Ockstadt verkaufen können und fremde Bäcker im Dorf backen können. Aus dem Jahre 1908 wurde noch eine Besonderheit berichtet: Einige Bauern wollten ihre Kuchen für Weihnachten bei den heimischen Bäckern backen lassen, kauften ihr Brot und ihre Brötchen aber in Friedberg. Die Ockstädter Bäcker verweigerten dann natürlich diese Arbeit. Kurzentschlossen bildete sich ein Konsortium und bestellte einen eisernen Backofen, der auch tatsächlich noch zwei Tage vor Weihnachten geliefert wurde. Die Kuchen konnten doch noch im Dorf gebacken werden.
Bei Kaffee und Kuchen folgten noch viele angeregte Gespräche der Teilnehmer.

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